10 Tage – 270 km – von Porto nach Santiago de CompostelaAm 15. Oktober 2015 machten wir uns auf den Caminho Português, den portugiesischen Jakobsweg. Mit seinen ursprünglichen 250 km ist er eine schöne Alternative zum bekannten 800 km langen Camino Francés und längst nicht so überlaufen. Die Reisezeit war perfekt. Bis auf einen Tag Regen – aber richtig (was soll´s: wenn man erst mal nass ist, ist es egal) – hatten wir herrlichstes Wanderwetter. Unsere Füße brauchten einige Tage, um in den Rhythmus zu kommen, doch gegen Ende der Reise konnten wir uns gar nicht vorstellen, bald nicht mehr jeden Tag zwischen 20 und 30 km laufen zu können.
Meine Yogamatte war natürlich dabei. So konnte ich mich fast jeden Abend (je nach Verfassung :-) ) mit einer entspannenden Yin-Praxis belohnen, die nicht nur eine wohltat für meine Muskeln und Faszien war und mir sicherlich den Muskelkater erspart hat. Was wir mit nach Hause genommen haben? Die Erfahrung, dass das Leben einfach und schön ist. Laufen macht frei: den Körper und den Geist. Rückenschmerzen sind verschwunden, Sorgen sind verschwunden. Das habe ich vor allem in meiner Yogapraxis gespürt: in die Rückbeugen (Herzöffner) kam ich tiefer als sonst. Auch die Begegnungen waren bereichernd: andere Pilger sind zwar eigentliche Fremde und doch müssen alle den gleichen Weg gehen – das verbindet. Und so gelingt es viel leichter Kontakte zu knüpfen. Auch das ist ein Gedanke, den ich mit in meinen Alltag nehmen werde: haben wir nicht alle das gleiche Ziel vor Augen und sind dadurch ein bisschen verbunden? Die Einheimische waren meist sehr hilfsbereit und freundlich, haben uns, ohne dass wir es brauchten :-) , den richtigen Weg gewiesen und somit Verbindung mit uns aufgenommen, statt von all den Pilgern vielleicht genervt zu sein. Mich hat das gefreut: sie wollten auf irgendeine Weise teilhaben an unserer Reise, sie bereichern und verschönern. Ob es eine Pilgerreise war? Ich glaube jede Art von Auf-dem-Weg-sein hat etwas von Pilgern in sich; ein Zusichselbstkommen. Es geht nicht um das Ziel, es ist der Weg, der uns prägt, der uns Raum gibt, Dinge loszulassen und neue Eindrücke zu gewinnen. Die Natur ist eine wunderbare Inspiration, die uns klarmacht, wie leicht das Leben sein sollte: fließend und einen Schritt nach dem anderen setzend. Alles was wir brauchen ist: bewusste Zeit für Pausen, bewusste Zeit zum Genießen, bewusste Zeit zum Voranschreiten. Und das Yoga? Yoga bedeutet verbinden. Eine Verbindung zu meinen Mitreisenden, sogar zu Fremden und der Natur habe ich definitiv immer wieder spüren können. Aber vor allem die Verbindung zu mir Selbst habe ich immer wieder erfahren. Das Yoga beschreibt diese Verbindung als Einheit von Körper, Denken & Fühlen und dem Herzen: alles fühlt sich richtig und gut an, wir sind genau dort, wo wir sein sollten, ohne störende Gedanken an Gestern oder Morgen. Diese Einheit entsteht durch die Konzentration auf das, was wir gerade tun. Im Alltag fällt mir das oft schwer: Sorgen und Verpflichtungen halten mich fest und schalten den Autopiloten ein, sodass achtsamenes Wahrnehmen und damit das Im-Moment-Sein oft nicht möglich sind. Auf dem Weg habe ich manchmal an das bekannte Zen-Zitat gedacht: „Wenn ich gehe, dann gehe ich. Wenn ich esse, dann esse ich. Wenn ich schlafe, dann schlafe ich.“ Ich habe mir fest vorgenommen, diese Erfahrung des “Gehenlassens” der Sorgen mit in meinen Alltag zu nehmen. Der Weg hat mir gezeigt, dass ich auch ohne Sorgen weiterkomme, zumindest ein Schritt näher zu mir. Und so stelle ich fest, dass ich Yoga nicht nur abends auf meiner Matte gemacht habe, sondern ganz oft, in diesen bewussten Momenten. Namasté eure Juli |
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